Ich fühle, was du fühlst

Ich fühle, was du fühlst

Einfühlungsvermögen ist die Basis für Vertrauen. Justine, die erste Frau von Elon Musk, beschreibt in einer Biografie (Isaacson Walter 1), wie sie während einer Autofahrt versuchte, ihrem Mann das Prinzip wahrer Empathie zu erklären. Wie sehr sie es brauche, dass er ähnlich wie sie selbst fühlen könne. 

Er argumentierte damit, sich einen gewissen psychologischen Scharfsinn antrainiert zu haben, der ihm in der Unternehmensführung helfe. Justine versuchte ihm zu erklären, dass es nicht darum gehe, den anderen in seinen Gedanken zu lesen und zu analysieren. 

Justine und Elon Musk haben einen sicher für beide sehr schmerzvollen Verlust durch den Tod ihres ersten Sohnes hinnehmen müssen. Sie wollten gleich wieder Kinder und gemeinsame Zwillinge und Drillinge folgten bald. Keine einfache Aufgabe. Es kam trotz beiderseitiger Bemühungen um die Partnerschaft zur Scheidung und innerhalb kürzester Zeit hatte er sich nach einer zweiwöchigen Bekanntschaft neu verlobt. 

Menschen können nicht allein leben, sie brauchen soziale Beziehungen – ohne diese sterben sie. Weil das für unser Überleben bedeutend ist, hat die Natur es so eingerichtet, dass es wohltut, andere zu verstehen. 

Wir haben auch körperliche Organe dafür, die Spiegelneuronen im Gehirn, die uns spontan innerlich die gleichen Erlebnisse ermöglichen, wie die Personen oder die Tiere, denen wir zusehen. 

Beobachtete oder bewusst vorgestellte Ereignisse aktivieren in unserem Gehirn genau die elektrischen und chemischen Impulse, die in unserem Gehirn ablaufen, wenn wir diese Ereignisse tatsächlich selbst erleben. Nur einfach schwächer. Wir können aber genau unterscheiden, ob wir das selbst erlebt haben, beobachtet haben oder uns nur vorgestellt haben. Diese Spiegelneuronen sind nur ein Organ dafür, dass wir andere instinktiv verstehen können. Wirklich mit anderen zu fühlen, dafür braucht man mehr. 

Man muss zum Beispiel wachsam sein. Für Wachsamkeit, Aufmerksamkeit, Konzentration brauchen wir das acetylcholinerge System im Gehirn. Dieses System im Gehirn hält die Signale bereit, die Wachsamkeitsboten in den Körper schicken, damit sich alles in unserem Körper auf „Aufmerksamkeit“ einstellt. So eingestellt können wir andere in ihrer Gesamtheit wahrnehmen, sie wirklich sehen.

Wir haben 43 Gesichtsmuskel und in unserer Sprache nur 26 Buchstaben. Können Sie sich vorstellen, wie genau wir mit unserem Gesicht sprechen? 

 

Der aufwendige Weg zur Liebe….

Der Weg beginnt einmal damit, dass wir den anderen sehen und er uns intuitiv neugierig auf sich macht. Dann wollen wir den anderen mit allen Sinnen wahrnehmen. Damit können wir den Mitmenschen KENNEN LERNEN. 

Dazu gehören Berührungen, mit denen wir den ganzen Körper unseres Gegenübers kennen lernen. Das beginnt mit den Berührungen des Neugeborenen, setzt sich in Freundschaften fort bis hin zur Sexualität, wo wir wieder Neugeborene in die Welt der sozialen Fähigkeiten setzen. 

Berührungen haben die Funktion zu emotionalisieren. Wir haben sie dafür, dass wir Vertrauen entwickeln. Andere liebend berühren und deren Emotionen erkennen können aber nicht alle gleich gut. Um das zu können, müssen wir unsere eigenen Bedürfnisse kennen, sonst können wir die Bedürfnisse und Gefühle anderer nicht spüren. 

In den entsprechenden Phasen unserer eigenen Entwicklung müssen wir in diesen Zeiten Menschen um uns herum gehabt haben, die gut genug unsere Bedürfnisse erkennen konnten. Eigentlich hängt es von unseren Eltern ab, ob wir unsere eigenen Bedürfnisse spüren können oder in der Lage sind, mit anderen mitzufühlen oder uns vertrauensvoll in Beziehungen einlassen können. Es ist aber immer möglich, diese Fähigkeiten auch später noch zu erlernen.  Das Verhängnis ist dabei aber, dass die Betroffenen das meist nicht wollen, wie wir bei Elon Musk gesehen haben. Er hatte zum Beispiel Angst davor, seine Fähigkeit zur Unternehmensführung zu verlieren, wenn er sich in seine Frau einfühlt. 


Warum ich fühle, was Du fühlst…

Die Fähigkeit, seine eigenen Bedürfnisse zu versorgen und mit anderen zu fühlen, beginnt schon in der Schwangerschaft und in den ersten 6 bis 8 Lebenswochen. Bei der Geburt sind schon ein Drittel der genetisch angelegten Fähigkeiten (Hüther Gerald 2), die wir auf diese Welt mitbringen, aktiviert. Die nicht in Anspruch genommenen genetischen Fähigkeiten haben sich in die DNA zurückgezogen. Die Aussage „use it or lose it“ gilt auch für dieses Naturprinzip. Dort sind die Rezepte für die Fähigkeiten nicht mehr ablesbar. Später, wenn wir sie wieder lesen wollen, müssen wir erst den Weg zu diesem Archiv in der DNA finden.

Schon im Mutterleib bildet sich über die Hormone im Blut der Mutter bei uns das Wohlbefinden oder die Stressaktivierung aus. Geht es der Mutter gut, starten wir relativ gelassen in diese Welt. Erlebt die Mutter während der Schwangerschaft tiefe Trauer und Verzweiflung, so ist das Stresssystem schon sehr aktiv, wenn wir auf die Welt kommen. Wir sind dann viel leichter zu stressen als Kinder, die es im Mutterleib gemütlich hatten. 

Mit dem Gefühlsleben der Mutter lernen wir schon die gesamte Familie im Mutterleib kennen. Wir hören die Bezugspersonen im Mutterleib zwar um 40 Dezibel leiser, aber wir hören sie. Wir erleben, wie die Mutter auf andere reagiert. So bekommen wir auch schon ein Bild vom Vater. Wie erlebt die werdende Mutter ihn. Schüttet sie Wohlfühlhormone aus, wenn er kommt, oder fürchtet sie sich vor ihm. Wir kennen ihn schon recht gut, wenn wir in dieser Welt ankommen. So ist es auch mit der weiteren Umgebung, mit den Geschwistern und den Haustieren. 


Jetzt ist alles wieder gut….!

Irgendwann reicht die Nahrung im Mutterleib nicht mehr aus und die Gebärmutter bekommt das Signal zur Geburt. Ist das eine Qual und ein Stress! Mutter und Kind haben viele Herausforderungen während der Geburt zu meistern.

Heraußen ist es um 40 Dezibel lauter, die Welt zerfällt in unzählige Einzelteile, die Schwerkraft wirkt, es ist kalt, und eine Unzahl fremder Berührungen findet statt. Es ist ein schrecklicher Stress und das zeigt sich auch in der Menge des Cortisols im Speichel. Genau so ergeht es der  Mutter. Sie hat einen deutlichen Cortisolanstieg nach der Geburt. Ist der Schock des Fremden bei beiden erst einmal überwunden, können sie sich gemeinsam beruhigen und den ersten Stress bewältigen. Mutter und Kind riechen einander und fühlen sich. Haut an Haut und sind wieder vereint, anders als zuvor, aber wieder vereint. Langsam entwickelt sich das Gefühl: Es ist alles wieder gut!


Wir sind auf dieser Welt gut aufgehoben

Wir können Neues mutig entdecken, wenn wir aus einer vertrauten Situation heraus starten. Haben wir das Gefühl: „Wir sind auf dieser Welt gut aufgehoben”, gelingt alles entspannter. Gelassenheit lässt uns mutiger sein und wir haben große Chancen, erfolgreich das Leben zu meistern. 

Dieses Prinzip bleibt ein Leben lang aufrecht. Wir können nur aus einer sicheren Umgebung heraus Neues erkunden und entdecken. Wir lernen am besten, wenn wir aus bekannten Situationen heraus neue Dinge erkunden.

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